Geschichte der Ortsgruppe Seibelsdorf
Gründung des Vereins (1925)
Die Initiative zur Gründung der Ortsgruppe im Frühjahr 1925 ging von Oberforstverwalter Georg Zeller aus. Georg Zeller, der aus Bindlach stammte, war bereits 1898 die Verwaltung des Forstbezirkes Seibelsdorf übertragen worden.
Wie einem Monatsbericht der Ortsgruppe Kronach zu entnehmen ist, führte diese am 5. April 1925 eine Wanderung mit anschließender Einkehr in Seibelsdorf durch. Hier wurde dann eine kleine Werbeversammlung abgehalten und die Gründung der Ortsgruppe vorbereitet.
Schon unter dem Datum 30. April des gleichen Jahres berichtet uns das Gründungsprotokoll von der konstituierenden Sitzung: Der mitsamt seines nicht unbedeutenden Vermögens im unergründlichen Schlund des Molochs[1] Krieg und Inflation versunkene Verein „Radspitzturmbau[2]“ ist in Seibelsdorf als Ortsgruppe des Frankenwaldvereins wiedererstanden. Seine Auferstehung wurde im Gasthaus Gareis gefeiert. Nachdem rührige Heimat- und Naturfreunde Umfrage gehalten und etwa 60 Unterschriften gesammelt hatten, wurde auf den 30. April 1925 die Gründungsversammlung einberufen. Sämtliche 26 Anwesende erklärten ihren Beitritt. Oberforstverwalter Zeller, der allseits als Obmann begrüßt wurde, eröffnete die Versammlung und gab Aufschluss über Ziel und Zweck des Frankenwaldvereins. Liebe zur Heimat, Freude an der Natur und Schutz dieser müssen jedem am Herzen liegen. Er ermahnte die Mitglieder zur tatkräftigen Mitarbeit und bat, besonders auch die Jugend, in diesem Sinne einzuwirken.
In der hierauf folgenden Wahl herrschte Einstimmigkeit:
Obmann – Oberforstverwalter Georg Zeller
Schriftführer – Lehrer Alfred Krauß
Kassier – Kaufmann Fritz Thurn
Wegewart – Wachtmeister Johann Kraus
Die ersten Jahre
In den ersten der wenigen vorhandenen Berichte kann man verschiedene Ausflüge und Wanderungen nachlesen. Unter anderem findet sich folgender Bericht: „Am 14. Juni Ausflug unter Führung des Obmannes. Die Fortbildungsschüler sollen dabei die Gelegenheit erhalten unsere schöne Heimat kennenzulernen. (….) Herr Pfarrer Schmidt teilt die Ansicht, daß ein solcher Ausflug eine vollwertige Christenlehre sein werde. Wir wollen der Seibelsdorfer Jugend zeigen, wie schön unsere Heimatnatur ist und wie roh es wäre, ihren Frieden durch mutwilliges Toben und mutwilliges Zerstören zu schaden“[3].
Des Weiteren wurden regelmäßig Kegelabende im Winter abgehalten, deren Erlös dem Radspitzturmbaufond zugute kam, sowie alljährlich eine Christbaumverlosung, über welche ein Bericht von 1928 wiedergegeben ist.
Die ersten Ruhebänke wurden auf dem Bucher Berg aufgestellt und auch Wege markiert.
Problematisch war in der Anfangszeit die Verteilung der Hefte. Deshalb kümmerte sich die Ortsgruppe um die Postverhältnisse in Seibelsdorf. Der Beitrag von 3 Reichsmark wurde in drei Raten kassiert.
Nach der Einweihung der Radspitzalm 1928 kamen die Jahre der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen Depression und deren Begleiterscheinungen. Es erfolgten Austritte, der Junglandbund tauchte auf und übernahm die bisher von der Ortsgruppe gepflegten gesellschaftlichen Unternehmungen. Die politische Entwicklung lenkte die Aufmerksamkeit auf andere Dinge und die Aktivitäten der Ortsgruppe schliefen ein. Ein Versuch des damaligen Oberforstverwalters Gollwitzer, dem Verein wieder Leben zu geben, war erfolglos. Es kam nur noch eine Handvoll der Mitglieder und als der letzte Kassier Gottlieb Hugel verstorben war, wurden keine Beiträge mehr kassiert und die Obmannschaft löste sich auf.
Alles, was an Protokollen und anderen Aufzeichnungen aus der damaligen Zeit übrig war, fiel beim Einmarsch der Amerikaner dem „Waschkessel“[4] zum Opfer[5].
Als der totale Kriegseinsatz verkündet wurde, kam das Vereinsleben aller Ortsgruppen zum Erliegen.
Wiederbelebung nach dem 2. Weltkrieg
Aus der Festrede zum 40-jährigen Jubiläum der Ortsgruppe (1965) von Adolf Thurn erhalten wir die folgenden Informationen:
In Seibelsdorf entstand 1946 der Kulturbund, eine Vereinigung, deren Ideale denen des Frankenwaldvereines ähnelten. So führte Pfarrer Philipp Kohlmann aus Rugendorf Wanderungen und geologische Exkurse durch. Der Stadtsteinacher Dr. Erich Scholz war eine Stütze des Bundes und bereicherte das Vereinsleben durch Vorträge.
Der Vorstand des Frankenwaldhauptvereines, Dr. Eduard Margerie, bat den Kulturbund, sich dem Hauptverein anzuschließen. Herrn Lang, dem Sprecher des Kulturbundes, wurde mitgeteilt, dass ein jährlicher Beitrag von 2,50 DM an den Hauptverein zu entrichten sei.
Der Anschluss wurde nicht vollzogen, vielmehr schlief der Kulturbund ein, als Medizinalrat Dr. Scholz versetzt wurde.
Adolf Thurn, der inzwischen Mitglied bei der Ortsgruppe Kronach des Frankenwaldvereins war, bat den Obmann von Stadtsteinach, ihn bei der Wiederbelebung der Ortsgruppe Seibelsdorf zu unterstützen. Dieser erklärte sich bereit, in Verbindung mit dem Hauptverein eine Werbeveranstaltung durchzuführen, damit genügend Mitglieder gewonnen werden könnten. Anlässlich eines Lichtbildervortrages des Wanderfreundes Nürnberger aus Hof in der Gastwirtschaft Will in Seibelsdorf konnten 13 Mitglieder geworben werden.
Es vergingen nochmals drei Monate, bis die Wiedergründungsversammlung am 26. Januar 1954 in der gleichen Gastwirtschaft stattfand. Bürgermeister Johann Blüchel erklärte sich bereit, ein Jahr lang das Amt des Obmanns zu übernehmen. Adolf Thurn wurde zum Schriftführer und Wanderwart gewählt und Simon Krauß zum Kassier.
[1] Moloch = eine Macht, die alles verschlingt
[2] Der Verein Radspitzturmbau wurde 1910 gegründet mit dem Ziel einen Turm auf der Radspitze zu errichten.
[3] Bericht vom 27. Mai 1925 Schriftführer Alfred Krauß
[4] Waschkessel = Säuberungsaktion. Als die Amerikaner einmarschierten, verbrannte man Akten und Dokumente um den Eindruck zu erwecken, dass man „sauber“ sei.
[5] Sonderdruck des Frankenwaldheftes 1955 zur „Einweihung des Radspitzturmes“ – „30 Jahre Ortsgruppe Seibelsdorf“ von Alfred Krauß.